18. Aalen-RWE

FC Rot-Weiß Erfurt - VfR Aalen 5:0

Zu Hause bleibt der FC Rot-Weiß eine Macht. Mit 5:0 über den VfR Aalen landeten die Erfurter den fünften Heimsieg in Folge und verkürzten den Rückstand zu den Aufstiegsplätzen auf drei Punkte. Doch der Jubel hielt sich in Grenzen.
Man musste lange in der Chronik blättern: Letztmals schaffte der FC Rot-Weiß ein 5:0 in einem Punktspiel am 14. Februar 1998. Der damalige Gegner hieß Sachsen Leipzig, als Doppeltorschütze ließ sich Dennis Koslov feiern. Seine Rolle übernahm am Samstag Henri Fuchs, der seine beiden Treffer seinem Vater zum gestrigen Geburtstag schenkte.



 

voller Einsatz: Hornung

Apropos Geburtstag.
Mit einer herausragenden Leistung machte sich der am Spieltag 25 Jahre alt gewordene Torsten Ziegner selbst das schönste Geschenk. "Es lief fast von allein", war er sich der schwachen Aalener Gegenwehr bewusst. Allerdings lag es vor allem am Erfurter Druck, dass sich die Gäste nie entfalten konnten. In der ersten Halbzeit rollten die Angriffe im Minutentakt Richtung VfR-Gehäuse. Gleich den ersten vollendete Fuchs nach Branko Okics tollem Pass mit dem 1:0. Es folgte das achte Saisontor von Ronny Hebestreit, das Ziegner mit einem sensationellen Alleingang von der Mittellinie vorbereitet hatte. Und noch keine halbe Stunde war vorüber, da stand es 3:0. Thomas Gansauge, neben Ziegner der auffälligste Akteur, köpfte Okics Ecke ins Netz. Das veranlasste Erfurts Trainer Michael Feichtenbeiner später zur Erkenntnis: "Besser als im ersten Durchgang geht es kaum." Abgesehen von der Chancenverwertung. Denn Hebestreit (19./35.) und Fuchs (40.) hätten das Resultat noch erhöhen können.



 

Ziegner bereitet das 2:0 vor

Dass es nach der Pause nicht zu einem Einbruch wie beispielsweise gegen Augsburg (2:2 nach 2:0-Führung) kam, lag Ziegners Ansicht nach "an der Einstellung und größerem Stehvermögen". Im Team sei mittlerweile zu spüren, dass jeder für den anderen kämpft und "wir jetzt 90 statt 60 Minuten Vollgas geben können". Vor allem er selbst hinterließ einen starken Eindruck: bissig in den Zweikämpfen, mit Drang zum Tor und dem Auge für den besser postieren Nebenmann - der oft launische Mittelfeldakteur sprühte vor Spielfreude und verdiente sich die abendliche Feier "ganz in Familie"


 

Hebestreit zum 2:0

Grund zum Feiern hatte auch Georg Leopold, der nach seiner Einwechslung sein erstes Regionalliga-Tor schoss. Nach Schneiders Rückpass kam es zum Pressschlag mit Keeper Potye, und das Leder trudelte über die Linie. Während der Stürmer die Szene mit "Glück" umschrieb, lobte Feichtenbeiner, "dass er einem unerreichbaren Ball nachging".

Den Schlusspunkt in einer einseitigen Begegnung setzte erneut Fuchs, der eine Flanke von Patrick Hornung ins lange Eck köpfte. Der Jubel über das Schützenfest währte allerdings nur kurz. "Wenn wir in Neunkirchen nicht gewinnen, ist das 5:0 gar nichts wert", blickte Ziegner nach vorn.

Und viele wünschten sich: Hätte er nur immer Geburtstag. . .



 

Gansauge heute besonders stark

Trainerstimmen

Feichtenbeiner: "Die erste Hälfte hat meine Elf ausgezeichnet gespielt. Das war die beste Leistung, seit ich hier Trainer bin. Über den Kampf haben wir ins Spiel gefunden und die Überlegenheit auch in Tore umgemünzt. Dieser Erfolg war sehr wichtig für das Selbstvertrauen der Mannschaft."

Dietterle: "Die frühen Gegentreffer haben uns schnell auf die Verliererstraße gebracht. In der ersten Hälfte haben wir sehr schlecht gespielt und sind Erfurt entgegengekommen. Über 90 Minuten hat man in der Mannschaft gesehen, welche Unsicherheit die wirtschaftliche Krise des Vereines hinterlassen hat. Nach dem Wechsel haben wir mehr dagegen gehalten."



 

Interview - Henri Fuchs

Zwei Tore steuerte Henri Fuchs beim 5:0 gegen den VfR Aalen bei. Der frühere Rostocker hatte am Sonnabend Chancen für weitere Treffer, zählte zu den besten Spielern in der Erfurter Mannschaft. Die TLZ sprach mit ihm.

Henri, in Erfurt nannte man Sie zuweilen den "Chancentod". Wie viele Steine fallen Ihnen heute vom Herzen?

Ich bin nur froh, dass wir so ein Spiel abgelegt haben. Meine Tore habe ich meinem Vater gewidmet, der am Sonntag Geburtstag hatte. Aber zwei Treffer gelangen mir schon gegen die Bayern. Ich versuche immer, mein bestes zu geben. Heute hat alles geklappt.

Es war das bislang beste Saisonspiel.

Das stimmt, weil wir alles das umgesetzt haben, was wir uns vorgenommen hatten. Wir hatten auch gegen Augsburg oder gegen die Kickers aus Stuttgart eine gute erste Halbzeit, aber wir haben heute nicht aufgehört, etwas für das Torverhältnis tun zu wollen.

Hat Rot-Weiß heute wie ein Aufsteiger gespielt?

Zumindest wie ein Spitzenteam, ja. Wir dürfen aber jetzt nicht in Lethargie verfallen. Das Spiel heute war optimal, aber die nächsten müssen es auch sein. So ein 5:0 muss Selbstvertrauen geben.

Auch wenn der Gegner alles schuldig blieb?

In dieser Regionalliga muss man erst einmal fünf Tore schießen, egal, gegen wen. Wir haben gegen Aalen 90 Minuten lang alles gegeben, uns nicht mit dem 3:0-Pausenstand zufrieden gegeben. Das ist selbst für mich neu, aber höchst erfreulich.

Hat das etwas mit Michael Feichtenbeiner zu tun?

Sicher auch. Wir haben jetzt Kraft für 90 Minuten. Im Fußball reden immer alle von Teamwork. Wir erleben derzeit, dass das von Mal zu Mal besser wird.

Jetzt geht es zum Tabellenletzten Neunkirchen.

Nach der Leistung von heute, ist doch wohl klar, was wir dort wollen.

Was denn?

Wir müssen auswärts endlich wieder einmal gewinnen. Bis Weihnachten müssen wir am Spitzentrio dran bleiben. Danach ist dann alles möglich.

10.11.2002 Das Gespräch führte Thomas Czekalla



 

Henri Fuchs

Angemerkt: Sprung

Es war wie im Sommer.
Rot-Weiß kämpfte unermüdlich, spielte schön und traf zahlreich. Es gab jubelnde Männer auf dem Rasen und zufriedene Menschen auf der Tribüne, die sogar reichlich Szenen-Applaus spendeten.
Doch die Zeit zum August ist nicht vollkommen zurückzudrehen, deshalb trugen die Zuschauer auf den Rängen vernünftigerweise Mäntel und Mützen und sehnten sich zudem nach heißem Glühwein.
Als noch kalte Erfrischungsgetränke verlangt wurden, war zudem ein Michael Feichtenbeiner weit vom Amt eines Trainers in Erfurt entfernt. Am Samstag übte er das genau einen Monat aus und seine bisherige Bilanz von drei Siegen und zwei Remis ist aller Ehren wert. Zumal es für Rot-Weiß diesmal nicht nur zum nüchternen Erfolg reichte, sondern auch zu freudetrunkenen Kombinationen. Und so sprach der Coach auch von einem "großen Sprung", den die Mannschaft vollbracht habe. Einen, den er in diesem Ausmaß vielleicht selbst nicht erwartet hatte.
Kollege Helmut Dietterle konnte einem fast Leid tun: Den Kopf gesenkt, die Augen müde, die Stimme leise. "Wenn man am Boden ist, fällt es nicht schwer, auf einem rumzutrampeln." Es war kein Vorwurf an den Gastgeber, sondern die Ahnung, was auf ihn zukommen wird. Denn nach der finanziellen Rettung des Vereins war von sportlicher Auferstehung nichts zu spüren.
Ganz im Gegensatz zu Rot-Weiß. Aber eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Erst recht nicht im Herbst.


Statistik

Tore: 1:0 Fuchs (6.), 2.0 Hebestreit (18.), 3:0 Gansauge (26.), 4:0 Leopold (83.), 5:0 Fuchs (87.)

FC Rot-Weiß Erfurt: Rothe - Gansauge - Bach (87. Mees), Loose - Sträßer, Raspe, Ziegner, Hornung - Okic (55. Dzihic) - Fuchs, Hebestreit (70. Leopold)

VfR Aalen: Potye - Neumann - Menck (31. Mittelbach), Stickel - Busch, Theres, Schneider, Bochtler - Hentschke (46. Kanyuk), Rogosic (77. Hering), Seeber

Zuschauer: 2.765


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